ALLEGORIE

Begriff:       griechisch "anders ausdrücken" .

 

Gleichnishafte, sinnbildliche Darstellung abstrakter Begriffe, Vorstellungen und gedanklicher Zusammenhänge die sich, wenn auch nicht eindeutig, vom Symbol durch eine Umsetzung des Begriffs in eine Menschengestalt (Personifikation) unterscheiden läßt. Sie bedarf häufig besonderer Kennzeichen (Attribute), mitunter sogar erläuternder Schrift (Tituli) und auch der Kleidung und Mimik um ihre Bedeutung erkennen zu lassen. Bei komplizierten Sinngehalten oder bei Addition sinnbildlich dargebotener Einzelzüge erweitert sich die Personifikation zu fiktiven Handlungen, oder sie gelangt zur Subordination unter ein bildliches Gesamtmotiv.

 

In der griechischen Antike wurden Allegorien häufig zur Verbildlichung mythologischer Vorstellungen verwendet. So wurden die neun Töchter des Zeus als Musen zu den Beschützerinnen der Künste und der Wissenschaften: nach ihren Funktionen stehen

  • Erato für Dichtkunst (Attribut : Saiteninstrument)

  • Euterpe für lyrische Poesie (Doppelflöte)

  • Kalliope für epische Dichtung (Griffel, Buchrolle oder Tafel)

  • Kleio für Geschichtsschreibung (Griffel, Buchrolle, Bücherkiste)

  • Melpomene für Gesang und Tragödie (tragische Maske, Kranz aus Weinlaub )

  • Polyhymnia für ernsten, instrumental begleiteten Gesang (meist ohne Attribut, aber in nachdenklicher Haltung)

  • Terpsichore für Tanz (in tänzerischer Haltung mit Lyra und Plektron )

  • Thalia für Komödie (komische Maske und Efeukranz)

  • Urania für Astronomie (Himmelsglobus und Zeigestab).

Das Mittelalter nutzte die Allegorie zur Darstellung theologischer und moralisch - belehrender Vorstellungen. Als solche erschienen vor allem die drei christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe und die vier Kardinaltugenden Einsicht, Kraft, Mäßigung, Gerechtigkeit. Moralisierende Personifikationen spielen oft in den weltlichen Bereich hinüber. Die Feigheit erscheint als ein Mann, der vor einem Hasen flieht; die Abgötterei als Mann, der einen Affen anbetet; der Zorn und. die Raserei als Frau, die einen Mönch ersticht. Ausgehend von der Ethik (Moral) der griechischen Philosophie wurden im Abendland gegensätzliche Verhaltensweisen mit dem Ziel formuliert, den Sieg der Tugenden über die Laster anzumahnen: Güte / Neid, Liebe / Geiz, Keuschheit / Begierde, Glaube / Unglaube, Tapferkeit / Furcht, Demut / Hochmut , Gerechtigkeit / Ungerechtigkeit , Sanftmut / Überheblichkeit , Barmherzigkeit / Unduldsamkeit, Gehorsam / Ungehorsam, Geduld / Zorn, Armut / Verschwendung, Weisheit / Unverstand ...

 

Im Barock erlebte die Allegorie ihren repräsentativen Höhepunkt und führte schließlich zu einer flachen, keiner neuen Typologie fähigen Allerweltsdeutung, mit welcher der universale, kosmologische Ansatz des Mittelalters zugunsten einer landläufig verständlichen und / oder überspannten, bedeutungsüberladenen Auffassung überwunden wurde. Überaus beliebt sind Allegorien der Künste, besonders der Musik und des Tanzes. Zu kaum noch überschaubaren Generalthemen werden die Jahreszeiten, die Siege der Gerechtigkeit, die Städte und Staatsallegorien und zumal das Glück in Gestalt der Fortuna. Auch die fünf Sinne und die vier Elemente werden im 17. und 18. Jh. häufig mit einer bald standardisierten Symbolik allegorisiert. Ein Kriterium der Barockzeit ist freilich auch der Blick in die Abgründe: Besonders in den nördlichen Ländern wird die düster einfache Allegorie der Vergänglichkeit, der Vanitas (Eitelkeit) und des Sterbenmüssens, zum zentralen Motiv. Totenschädel und Gerippe werden ihr Attribut, oft ihr dominierendes Bildobjekt.

 


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