EMBLEMATIK
Pelikan
Emblem
aus Hadrianus Junius, Emblemata 1565
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Was
in dir ist, hole hervor. Du
öffnest mit stoßendem Biß dir die hochgewölbte
Brust und gibst dein
Leben hin für deine Kinder, Pelikan.
Forsche in deinem Geist,
suche hervor, was in dir verborgen liegt.
Deines Geistes Samen,
hol' sie hervor ans Licht. |
Der
Physiologus, der zahlreiche Standardwerke der antiken Naturlehre,
Fabeldichtungen, phantastische Volksüberlieferungen und altchristliche
Natursymbolik, vermutlich in Alexandria gesammelt und verarbeitet hat, berichtet
von einer ganz merkwürdigen Begebenheit aus dem Leben der Pelikane. Danach
ziehen zwar die Pelikaneltern ihre Jungen mit großer Liebe auf, die Jungen
aber, wenn sie größer werden, schlagen ihre Eltern ins Gesicht. Darauf werden
diese auch zornig, schlagen die Jungen wieder und töten sie dabei. Nach drei
Tagen überfällt den Muttervogel darob großer Kummer. Er öffnet sich die
Flanke und erweckt die toten Jungen mit seinem Blut zu neuem Leben.
Offenbar
war man später bestrebt, der überlieferten, wunderbaren Erzählung eine
natürliche Erklärung unterzulegen und fand sie in auffälligen Merkmalen der
Pelikane bestätigt. Im östlichen Südosteuropa bis nach Westasien ist der
Krauskopfpelikan verbreitet, der ein weißgraues Gefieder trägt. In der Balz-
und Brutzeit bildet sich an seinem Gefieder, etwa in der Region des Kropfes, ein
auffällig orangeroter Fleck aus, und der sonst blaßfleichfarbene Schnabelsack
vertieft seine Farbe ins Rötliche. Der rote Kropffleck des Pelikans sieht aus
der Distanz einer Wunde nicht unähnlich. Diese Färbung zusammen mit der
Fütterungsart, den Nestjungen manchmal noch blutige Nahrung auszuwürgen, wobei
der dabei abgesenkte, auf den Kropffleck zuweisende Schnabel in einer nach unten
gezogenen, rötlich gefärbten Hakenspitze mündet, mag den Hintergrund dafür
abgegeben haben, den Pelikan als Sinnbild für christliche Nächstenliebe zu
verwenden.
Der
mittelalterlichen Vorstellung entsprechend auch im Reiche der Natur eine
Offenbarung Gottes zu sehen, wurde die nunmehr christliche Deutung der
Naturphänomene, der Tierbeschreibungen und tierlichen Verhaltensweisen
integraler Bestandteil der Literatur und ihrer Darstellung in Bildwerken. Auf
zahlreichen Bildern und Reliefs des Mittelalters, an Kruzifixen, in Kirchen und
auf Denkmälern findet man den Vogel dargestellt, der sich für seine Kinder die
Brust aufreißt.
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